Evangelische Kirchengemeinde Stieghorst - Hillegossen
Der mühsame Anlauf bis zur
Gemeindegründung
Die Geschichte der Evangelischen
Kirchengemeinde Stieghorst - Hillegossen
ist vom Beginn bis zum heutigen Tag eng
mit der Geschichte der früheren Ortschaft Stieghorst, der heutigen
Stadtbezirke Stieghorst und Hillegossen verknüpft.
Ursprünglich gehörte dieser Bereich kirchlich zur Großgemeinde Heepen. Es
ist ersichtlich, dass der große räumliche Abstand zur Mutterkirche auch einen
inneren zur Folge hatte. In der Chronik ist deswegen nach zu lesen:
“Der sittliche und religiöse Zustand dieser entlegenen Gemeindeteile legte
den verantwortlichen Pfarrern in Heepen es nahe, auf Abhilfe zu sinen ...”.
Ein in der Schule Stieghorst angebotener Morgengottesdienst findet ein
klägliches Echo: “Dass diese Veranstaltung auf eine besonders freundliche
Teilnahme und Zustimmung der Gemeindeinteressierten ... gestoßen wäre,
kann man nicht sagen.”
Aus Angst vor finanziellen Belastungen boykottierten die größeren
Grundbesitzer die Bestrebungen sogar und verbieten den von ihnen
wirtschaftlich Abhängigen den Besuch.
In der Folge sind es vor allem finanzielle Interessen, die eine Verbesserung
der kirchlichen Situation in Stieghorst/Hillegossen verhindern. Heepen ist
nicht bereit, sich stärker zu engagieren, die Grundbesitzer vor Ort sollen
sogar Freibier gestiftet haben, um Versammlungen der Bewohner der
Ortschaften vom Gedanken einer eigenständigen Gemeinde oder eines
eigenständigen Gemeindebezirks ab zu bringen (mit Erfolg!).
Das königliche Konsistorium entsendete daraufhin zum 01.07.1891 den
Hilfsprediger Wilhelm Gravemann mit der Zusage, die daraus entstehenden
Kosten zu decken. Diese Entscheidung erwies sich als weichenstellend. Die
Chronik wertete es so: “dass uns Gott in dem jungen Amtsbruder einen Mann
zu geführt ..., der der beste Werber wurde für die weiterreichenden Pläne.”
Auch sein Nachfolger P. Johannes
Andrae fand in der Stieghorster
Bevölkerung regen Anklang, so dass
sich die Stimmung nach und nach
zugunsten des Wunsches nach einem
intensiveren kirchlichen Lebens
wandelte. Nun wurde nach einem
Grundstück für eine Kirche gesucht.
Nach längerem Hin und Her entschied
man sich für die Restparzelle
Stieghorst Nr.4, der Besitzung des
Maurermeisters Friedrich Lohmeier,
die 1893 samt den aufstehenden
Gebäuden gekauft wurde. Die
Fruchtscheune erwies sich als ideal,
um sie als Kapelle her zu richten. Noch im selben Jahr wurde sie am
Weihnachtstag eingeweiht.
Besondere Erwähnung soll an dieser Stelle Frau Julie Vogt finden, die durch
eine Stiftung von 1500 Goldmark Ankauf und Ausstattung der Kapelle
ermöglichtete. Auch andere Spender ließen sich in die Verantwortung
nehmen und für die Sache der Gemeinde begeistern. Als Folge dieser
Entwicklung hatte der Süden der Kirchengemeinde Heepen ein
eigenständiges Leben entwickelt und sich weitgehend aus eigener Kraft dafür
ein Zentrum geschaffen.
Das erstarkte Selbstbewußtsein verdichtete sich in der Parole “Los von
Heepen!”. Verhandlungen mit dem königlichen Konsistorium mündeten
schließlich zum 31. März 1900 in die Verfügung, die der Evangelisch-
Lutherischen Kirchengemeinde Stieghorst Selbständigkeit zusprach. Die
Bemühungen waren am Ziel!
Zeit des Aufbaus - Zeiten der Bewährung
In den folgenden Jahren wurde nach und nach aus Mitteln der eigenen
Gemeinde die Kirche und der angrenzende Konfirmandenraum ausgebaut.
1908 wurde der Turm vollendet. Zwei der vier Glocken waren eine Stiftung
des ersten Pfarrers der Kirchengemeinde Heinrich Neuhoff. Eine Turmuhr
wurde eingebaut, der Kirchraum neu ausgemalt, eine elektische Lichtanlage
und ein Läutewerk installiert. Eine bedeutsame Erweiterung der Arbeit war
die Anstellung einer Gemeindeschwester aus dem Mutterhaus
Sarepta/Bethel, die sich den Kranken und Notleidenden widmete. So
erwuchs aus den persönlichen und finanziellen Anstrengungen der
Gemeindeglieder eine funktioniernde und immer weiter ausgestaltete
Gemeindearbeit.
Der Erste Weltkrieg 1914 - 1918 forderte von der Kirchengemeinde große
Opfer. 170 Gemeindeglieder mussten ihr Leben lassen und werden durch ein
Denkmal auf dem Kirchof geehrt. Von den
vier Glocken wurden 3 demontiert und
zugunsten von Kriegsmaterial
eingeschmolzen. Die sozialen
Verwerfungen und die Notsituation der
Kriegsfolgejahre bewirkten in der
Gemeinde eine starke Krise. Eine
Austrittswelle infolge des Entstehens einer
Freidenkerbewegung war zu beklagen.
Und die Inflation beraubte die
Kirchengemeinde ihrer finanziellen Grundlage.
Als zu Beginn der 30er Jahre das Erstarken des Nationalsozialismus auch in
der Kirche spürbar wurde, sah sich die Gemeinde gerufen, Position zu
beziehen. Vor allem dem persönlichen Mut des damaligen Pfarrers Wilhelm
Hof ist es zuzuschreiben, dass sich unsere Gemeinde sehr schnell der
Bekennenden Kirche zurechnete. So setze man sich nicht nur vor Ort für die
Freiheit des kirchlichen Lebens und der Verkündigung ein, sondern ergriff
auch ausdrücklich Partei für kirchliche Mitarbeiter, die vom Terror-Regime
verfolgt wurden. Dieses ist um so bemerkenswerter, als es für den Pfarrer,
aber auch die anderen Mitglieder der Gemeindeleitung ein hohes
persönliches Risiko beinhaltete.
Das schnelle Wachstum und die Teilungen
Die Nachfolge von Pfr. Hof trat Pfr. Wilhelm Arning an. Durch die
umfangreichen Ansiedlungen von Flüchtlingen und Vertriebenen wuchs in der
Nachkriegszeit der Stadtteil und damit
auch die Kirchengemeinde. Bestand zur
Gründungszeit die Gemeinde aus zirka
2.400 Seelen, so waren es 1947 schon
6.600. Durch die Siedlungshäuser
wuchs die Gemeinde stetig weiter.
Die wachsende Zahl, die Verstädterung
und die sich wandelnden
Wohnverhältnisse wurden auf vielfache
Weise von der Kirchengemeinde
beantwortet: Es wurde eine weitere
Pfarrstelle errichtet, die sich vor allem
dem Bezirk Hillegossen widmete. Sie wurde 1948 mit Pfr. Traugott Steffler
besetzt. Auf einem gepachteten Grunstück wurde 1949 provisorisch eine
Militärbaracke als Gemeinderaum
errichtet. 1955 trat an ihre Stelle das
Christophorushaus, zu Beginn des
Jahres 1956 erhielt die Ev.-Luth.
Kirchengemeinde Hillegossen ihre
Eigenständigkeit. 1959 wird als
Nachfolger von Pfr. Steffler Pfr. Georg
Ketelhut in Hillegossen eingeführt.
Auch im Süden der Gemeinde wurde
ein Gemeindehaus errichtet und an
seinem Einweihungstag am 13. Juli
1958 Pfr. Tomaas Pöld als
Bezirkspfarrer eingeführt. Ein Pfarrhaus wurde gebaut und dem
Gemeindehaus der Name “Gustav-Adolf-Haus” verliehen. Dieses gab nach
der Verselbständigung der Gemeinde 1969 den Namen “Ev.-Luth. Gustav-
Adolf-Kirchengemeinde”.
1978 wurde eine eigene Kirche am Lipper Hellweg eingeweiht. Seit 1995 war
Thomas Genetzky Pfarrer dieser Kirchengemeinde und baute sie inhaltlich
weiter aus und um.
Im nun verbleibenden Teil der ehemaligen Gesamtgemeinde hatte das
Presbyterium schon 1963 einen weiteren Pfarrbezirks errichtet. Die
Gemeindeveranstaltungen des Pfarrbezirks West wurden in der ehemaligen
katholischen Schule an der Elpke gehalten, bis 1970 an der Schleswiger
Straße ein Gemeindehaus errichtet wurde.
Die Pfarrstelle des Westbezirks versah zuerst Pfr. Udo Bechtloff, von 1977
bis 1996 Pfr. Hans-Uwe Hüllweg.
Auch der Osten der Gemeinde wurde geteilt: Pfr. Friedemann Kliesch versah
von 1971 bis 1995 seinen Dienst im Gemeindebezirk Mitte, Pfr. Manfred
Hartke von 1973 - 1978 im Osten der Gemeinde. Ihm folgte 1980 Pfr.
Heinrich Jürgenbehring. 1991 trat Pfrn. Doris Henning ihren Dienst im
Ostbezirk an.
In Hillegossen übernimmt 1977 Pfr. Helmut Schnier die Stelle des plötzlich
verstorbenen Pfr. Ketelhut, dem er urspünglich als Hilfsprediger an die Seite
gestellt war.
Der Sprung ins Heute - Aussichten für Morgen
In dieser Zeit wandelte die Kirchengemeinde ihr Gesicht. Äußerlich wurde
dieses in der Ausgestaltung der Kirche und dem Umbau des
Gemeindehauses sichtbar, innerlich durch vielfältige neue Gruppen, moderne
Gottesdienst- und Veranstaltungsformen.
Wieder war es in der Folge die Entwicklung des Stadtbezirks, die die
Kirchengemeinde zu Anpassungen aufforderte. Der Wandel der
Bevölkerungsstruktur und die Veränderung in der Kirche insgesamt führte in
den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts zu einer dramatischen
Verringerung der Gemeindegliederzahlen. So wurde, nachdem Pfr. Kliesch in
den Ruhestand trat, eine Pfarrstelle gestrichen und 1997 das
Gemeindezentrum an das Wohnstift Salzburg verkauft. Dieses war zeitlich
verknüpft mit der Berufung von Pfr. Frank Sieckmann in die Pfarrstelle des
Westbezirks.
In der Folgezeit reagierten die Kirchengemeinden im Bielefelder Osten auf
die neuen Herausforderungen mit der Verschränkung ihres Angebots,
gemeinsamen Gottesdiensten und Kooperationen im Bereich des
Konfirmandenunterrichts und der Gemeindeverwaltung. Die Gustav-Adolf-
Kirchengemeinde initiierte das Projekt KUNZ (Kirchen- und
Nachbarschaftszentrum), eine Kooperation mit verschiedenen sozialen
Trägern, die wohnortnahe Angebote für Senioren entwickelten. Mitte 2005
gab die Gustav-Adolf-Kirchengemeinde ihr Kirchenzentrum auf und konnte es
an eine freie evangelische Gemeinde verkaufen. Als Mitte 2006 Pfr. Genetzky
in den Schuldienst wechselte, übernahmen die Pfarrstelleninhaber der Ev.-
Luth. Kirchengemeinde Stieghorst die pfarrdienstliche Verwaltung der
Nachbargemeinde.
In der Folge wurden die Bemühungen, die beiden Stieghorster Gemeinden zu
fusionieren, verstärkt, was am 01.07.2007 in den (Wieder-)
Zusammenschluss der beiden Kirchengemeinden zu der Evangelischen
Kirchengemeinde Stieghorst mündete.
Als 2009 Pfr. Helmut Schnier in den Ruhestand geht, intensiviert sich eine
neue Entwicklung, die er noch mit angestoßen hat. Als Ziel fusionieren am
01.07.2011 die Ev. Kirchengemeinde Stieghorst und die Ev.-luth.
Kirchengemeinde Hillegossen zu der Ev. Kirchengemeinde Stieghorst -
Hillegossen. Dieser damit ans Ziel gekommene Prozess machte den Weg
frei, das Christophorushaus als Predigtstätte auf zu geben und die KiTas
Hillegossen zu einer gemeinsamen in dem Haus zusammen zu legen.
Am 10.11.2013 wird Pfrn. Andrea Féaux de Lacroix in das Amt der Pfarrerin
für den Gemeindebezirk Hillegossen eingeführt.
September 2014 wird das so entstandene Pfarrteam von der
Superintendentin Regine Burg zusätzlich mit Aufgaben der Seelsorge und
des Gottesdienstes in der sonst eigenständigen Nachbargemeinde
Ubbedissen betraut.
Abb: Das neu erworbene Grundstück (links
Anbau - das spätere Pfarrhaus, Mitte das
Wirtschaftsgebäude - noch heute Kern des
Gemeindehauses, rechts die Scheune -
die spätere Kirche)
Abb.: die demontierten Glocken
Abb.: Einweihung des Christophorushauses
Abb.: Einweihung des Gusta-Adolf-Hauses
Pfr. Udo Bechtloff +
Pfr. Helmut Schnier
Pfrn. Doris Henning
Pfr. Frank
Sieckmann
Pfr. Thomas
Genetzky
Pfr. Dr. Heinrich
Jürgenbehring
Pfr. Hans-Uwe
Hüllweg
Pfr. Manfred Hartke +
Pfr. Friedemann
Kliesch +
Pfr. Udo Bechtloff +
Pfr. Tomaas Pöld +
Pfr. Traugott Steffler +
Pfr. Georg Ketelhut +
Pfrn. Andrea
Féaux de Lacroix
Pfr. Wilhelm
Gravemann +
Pfr. Heinrich
Neuhoff +
Pfr. Wilhelm Hof +
Pfr. Wilhelm Arning +